Vor dem Sommer hat Bürgermeister Häupl rund um die Flüchtlings-Diskussion die lapidare und realitätsferne Aussage getätigt, in Ottakring 50 weitere Flüchtlinge aufnehmen zu wollen. Ein nüchterner Blick auf die Sachlage würde helfen, die richtigen Vorschläge zu machen.
Denn offenbar ist Bürgermeister Michael Häupl ist nicht nur ein Bürgermeister großer Worte, sondern auch ein Bürgermeister großer Missstände. In Ottakring werden im Flüchtlingsheim Liebhartstal vom Fonds Soziales Wien rund 300 Flüchtlinge betreut. Dem Vernehmen nach sollen hier bald bis zu 500 Flüchtlinge Platz finden.
Die Betreuungsquote, also das Verhältnis von betreuenden Personen zu Flüchtlingen, beträgt rund 1 zu 35 Personen. Daher hat jede Betreuungsperson pro Tag nur wenige Minuten Zeit, um tieftraumatisierte Menschen zu betreuen. Psychologische Betreuung gibt es de facto genauso nicht, wie Supervision für die stark belasteten Betreuerinnen und Betreuer. Deren Belastung ist daher enorm. Die Frage ist nicht, ob Ottakring mit 100.000 Einwohnern 50 weitere Flüchtlinge aufnehmen kann. Die Frage ist, wer diese Menschen betreut und ihre Integration sicherstellt. Wenn Häupl also 50 weitere Flüchtlinge nach Ottakring holen soll, dann soll er auch gleich 50 Betreuer und zumindest zehn Psychologen mitschicken, damit wir hier endlich ein halbwegs vernünftiges Betreuungsverhältnis haben und teilweise massiv traumatisierte Menschen nicht fast den ganzen Tag sich selbst überlassen sind.
Tatsächlich zeigen mehrere Anfragen der ÖVP Ottakring, dass im Flüchtlingsheim Liebhartstal seit zwei Jahren akuter Personalmangel herrscht. Die Rede ist sogar von einem Betreuungsverhältnis von bis zu 1 zu 50 an Wochenenden und Feiertagen. Im Jahr 2016 wurde rund 70 Mal der Feuermelder betätigt, was Großeinsätze der Feuerwehr zur Folge hatte. Außerdem waren rund 60 Polizeieinsätze notwendig. Insgesamt zeigt sich ein Bild mangelhafter Betreuung aufgrund von Personalmangel.
Das Personal, das vor Ort im Einsatz ist, ist zwar äußerst engagiert, wird aber von der Stadt Wien vollkommen im Stich gelassen. Ein nüchterner Blick auf die Sachlage würde helfen. Es braucht einfach dringend mehr Personal. Große Worte allein bringen niemandem etwas, es braucht gerade in Häupls Heimatbezirk Ottakring endlich große Taten statt großer Worte, damit Integration im Bezirk gelingt. Auf Bundesebene wurde ein Integrationsgesetz beschlossen, das einen echten Meilenstein darstellt. Wien muss hier endlich auch seinen Beitrag leisten, und nicht Menschen en masse aufnehmen, ohne sie anständig zu betreuen.
Insgesamt zeigt sich auch hier, dass es nicht sinnvoll ist, hunderte Flüchtlinge an einem Standort aufzunehmen und damit das ganze Grätzl zu überfordern. Eine Unterbringung kleinerer Gruppen auf mehrere Standorte wäre in jeder Hinsicht besser, als den Status quo weiter laufen zu lassen oder sogar noch mehr Menschen im Flüchtlingsheim Liebhartstal unterzubringen.